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about Gedächtnis

Aktualisiert: vor 3 Tagen


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Ich dachte lange Zeit, ich hätte nicht mehr das scharfe Gedächtnis wie in meinem Jugend. Namen vergessen, Telefonnummer sowieso, Dinge verlegen. Das schien einfach Teil meiner Persönlichkeit zu sein. Bis ich das Buch "Why We Remember" von Charan Ranganath gelesen habe. Plötzlich ergab vieles in meinem Kopf Sinn. Nicht nur in meinem Kopf, auch in meinem Leben.


1. Gedächtnis ist kein Archiv , es ist ein Zukunftswerkzeug

Wir stellen uns oft vor, unser Gedächtnis sei wie eine Festplatte, auf der alles gespeichert ist. Aber das stimmt nicht. Ranganath sagt: Unser Gehirn speichert nur das, was für die Zukunft wichtig sein könnte.

Ich erinnere mich zum Beispiel nicht mehr daran, was ich letzten Dienstag zu Mittag gegessen habe. Aber ich weiß noch ganz genau, was ich am Abend vor meinem ersten Vorstellungsgespräch angezogen habe und wie ich mich dabei gefühlt habe. Warum? Weil mein Gehirn die Information mit Stress und Erwartung verknüpft hat. Und weil dieses Ereignis wichtig war, um mich für künftige Situationen vorzubereiten.


2. Vergessen ist keine Schwäche, es ist Effizienz

Früher dachte ich: Wer viel vergisst, hat ein schlechtes Gedächtnis. Aber das stimmt nicht. Unser Gehirn vergisst aktiv. Es löscht Überflüssiges, damit das Wichtige übrig bleibt.

Ich habe mir zum Beispiel nie den Weg zur alten Wohnung meines Bekannten merken können. Ich war dort nur ein paar Mal, und es war nie besonders relevant. Mein Gehirn hat entschieden: Nicht wichtig, also löschen. Dafür erinnere ich mich bis heute daran, wie ich bei einem Vortrag mal komplett den Faden verloren habe. Das Gefühl der Scham, die Blicke im Raum, es ist eingebrannt. Und das nicht, weil ich will, sondern weil mein Gehirn sagt: Das musst du wissen, um es das nächste Mal besser zu machen.


3. Vier Dinge, die Erinnerung stärken

Ranganath nennt vier Schlüsselprozesse, die bestimmen, was wir uns merken:

  • Aufmerksamkeit: Ohne Aufmerksamkeit keine Erinnerung. Ich erinnere mich nicht an das, was jemand beiläufig sagt, während ich am Handy bin. Aber ich weiß genau, was mir jemand sagt, wenn er mich direkt anschaut und seine Worte Gewicht haben.

  • Intention: Wenn ich etwas absichtlich merken will, steigt die Chance enorm. Vor einer Prüfung schreibe ich mir Begriffe mit der Hand auf, weil ich weiß: Allein der Akt des Aufschreibens hilft, die Info zu verankern.

  • Imagination: Je stärker ich mir etwas bildlich vorstelle, desto besser bleibt es. Wenn ich das Wort „Brücke“ höre, stelle ich mir eine bestimmte Brücke vor, nicht das Wort. Das macht den Unterschied.

  • Emotion: Was mit Gefühlen verbunden ist, bleibt. Ich habe heute noch im Kopf, wie ich als Kind fast von einem Hund gebissen wurde. Das Bild, das Bellen, mein Herzschlag, alles ist da. Völlig lebendig.


4. Lernen ist mehr als Wiederholen

Ich hab jahrelang gedacht, man muss nur oft genug wiederholen, dann bleibt es hängen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Ranganath zeigt: Wenn wir mit echtem Interesse an eine Sache rangehen, sei es ein Buch, ein Gespräch oder eine Erfahrung, bleibt viel mehr hängen.

Ich erinnere mich zum Beispiel an ein Interview mit einem Überlebenden aus dem Krieg, das ich als Teenager gesehen habe. Ich habe kein einziges Wort aufgeschrieben. Aber ich weiß noch heute, wie seine Stimme gezittert hat, als er von seiner Schwester gesprochen hat. Diese Erinnerung ist nicht im Heft, sondern in mir.


5. Erinnerung macht uns handlungsfähig

Am Ende zeigt das Buch: Erinnerung ist nicht einfach nur ein Rückblick. Sie ist unser Werkzeug, um mit der Zukunft umzugehen. Wenn wir wissen, was uns passiert ist, wenn wir daraus lernen, wenn wir unsere Erinnerungen reflektieren, dann handeln wir bewusster. Und vielleicht auch mutiger.


Sprachliche Arbeit – ein paar Begriffe unter der Lupe:

  • Erinnerung: kommt von „innen“ + „sich rufen“ – also etwas „aus dem Inneren hervorrufen“.

  • Vergessen: aus dem Gedächtnis verlieren, sich nicht mehr daran erinnern.

  • verankern: wörtlich: einen Anker setzen. Eine Info wird im Kopf „verankert“, bleibt also stabil und abrufbar.

Beispiele:

  • Ich habe mir den Namen verankert, indem ich ihn mit einem Bild verbunden habe.

  • Ich kann mich nicht erinnern ==> es ist wie weg. Einfach vergessen.

 
 
 

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