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Die Sprache des Krieges – Wenn Worte distanzieren

Aktualisiert: 26. Juni


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Ich lese täglich Nachrichten, auf Deutsch, Englisch und Persisch. Besonders bei Berichten über Krieg oder Terroranschläge achte ich nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Sprache. Und die hat es in sich.

Die Sprache in der Kriegsberichterstattung ist oft technisch, distanziert, sachlich-kalt. Sie benennt selten die Täter, spricht in Passivformen, verwendet beschönigende Begriffe. In diesem Beitrag möchte ich diese sprachlichen Merkmale genauer unter die Lupe nehmen und vor allem: verständlich machen.

Ich werde typische Sätze aus der Berichterstattung zeigen, sie sprachlich analysieren und danach in einfache Sprache übersetzen. Am Ende zeige ich, wie diese Sätze klingen würden, wenn man sie emotional ausdrücken würde, so, wie viele Menschen sie eigentlich empfinden.

Beispiel 1: „Ziele wurden eliminiert.“

Ein Satz wie aus einem Videospiel.

  • Was bedeutet das überhaupt? Wer sind diese „Ziele“?

  • Wer hat sie eliminiert? Warum sagt man nicht einfach: „Soldaten haben das Krankenhaus bombardiert“?

Einfache Sprache:

Ein Ort wurde zerstört. Menschen, die dort waren, sind gestorben. Aber niemand sagt genau, wer das gemacht hat.

Emotional formuliert:

Ein Krankenhaus wurde gezielt zerstört. Menschen darin hatten keine Chance. Und niemand will sagen, wer dafür verantwortlich ist.

Bildvorschlag:

Ein kontrastreiches Bild mit einem zerstörten Krankenhausgebäude und einer verlorenen Kinderschuh auf dem Boden. Titel: "Ziel eliminiert?"

📌 Beispiel 2: „Es kam zu zivilen Verlusten.“

Auch hier wieder: kein Täter, keine Emotion.

  • „Verluste“ klingt nach Maschinen oder Geld. Nicht nach Menschen.

Einfache Sprache:

Menschen, die keine Soldaten waren, sind getötet worden.

Emotional formuliert:

Kinder, Mütter, Väter wurden bei einem Angriff getötet. Ihre Namen kennt kaum jemand.

Bildvorschlag:

Schwarz-weiß-Foto von einer zerstörten Straße mit Kinderzeichnungen, die aus den Trümmern ragen. Titel: "Zivile Verluste"

📝 Beispiel 3: „Kollateralschäden wurden in Kauf genommen.“

Das ist einer der zynischsten Begriffe in der Militärsprache.

  • Kollateralschaden klingt wie ein Unfall am Rande. Aber gemeint ist oft: Es sind Menschen gestorben.

  • „In Kauf genommen“ heißt: Es war einkalkuliert.

Einfache Sprache:

Bei einem Angriff wurden auch unschuldige Menschen getroffen. Die Angreifer wussten das und haben es trotzdem gemacht.

Emotional formuliert:

Sie wussten, dass dort Familien leben. Aber sie haben trotzdem geschossen.

Bildvorschlag:

Bild von einer leerstehenden Wohnung mit zerbrochenen Fenstern, in der ein gedeckter Esstisch steht. Titel: "Kollateralschaden"

Warum ich darüber schreibe

Sprache hat Macht. Besonders in der Berichterstattung über Krieg und Gewalt kann sie Dinge sichtbar machen, oder sie gezielt unsichtbar machen.

Durch Wortwahl, Satzbau und Stil wird beeinflusst, wie wir ein Ereignis wahrnehmen. Wird ein Angriff als "Einsatz" beschrieben oder als "Massaker"? Spricht man von "Zielen" oder von "Menschen"?

Ich schreibe diesen Blog, um diese sprachlichen Strategien zu analysieren, nicht moralisch, sondern sprachlich. Denn wer Sprache versteht, durchschaut auch ihre Wirkung.


 
 
 

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